Predigt zum 1. Adventsonntag

Liebe Gläubige!
Ständig kommen in der Adventzeit Lesungen, die uns die heile Welt versprechen: Von Schwertern zu Pflugscharen, bis hin zum Panter, der mit dem Böcklein weidet. Eine heile Welt, die doch so gar nichts mit unserer Wirklichkeit zu tun hat. Ein Paradies auf Erden wird uns da vorgestellt, das zu schön ist, um wahr zu sein. Was soll das! Ja so wird es sein, wenn Gott seine ganze Macht zeigt, wenn er dreinschlägt und alles in die Hand nimmt. Und warum tut er’s nicht? Warum müssen wir uns hier auf der Erde mit dem Leben und seinen Schwierigkeiten herumplagen? Warum müssen Menschen verhungern, oder durch Krieg und Krankheiten sterben? Warum das ganze Leid, wenn Gott doch einfach alles beenden könnte? Ist der ganze Advent nur ein Vertrösten auf bessere Zeiten, ein so Tun als ob? Advent heißt Ankunft: Wir warten auf die Ankunft Gottes schon seit fast 2000 Jahren, und bis jetzt hat sich noch nichts getan. Vielleicht sollten wir uns mit der Ankunft Gottes näher befassen? Vielleicht haben wir nur die falschen Vorstellungen vom Wirken Gottes in unserer Welt? Wenn wir wollen, können wir eine vierfache Ankunft Gottes in der Welt unterscheiden:
Die erste war die in Bethlehem im Stall. Gott wurde Mensch, einer von uns. Schon in der Erbärmlichkeit und Armut seiner Geburt zeigte er, dass er auf der Seite der Armen und Benachteiligten der Gesellschaft stand. Stinkende Hirten, ohne festen Wohnsitz waren es, die dieses Ereignis der Menschheitsgeschichte bemerkten, nach dem wir sogar unsere Jahre zählen. Es war eine Ankunft im Verborgenen, die doch alles änderte auf der Welt, die sogar das mächtige römische Reich besiegte. Vielleicht ist es das Wesen des Wirken Gottes, dass es im Kleinen und Verborgenen geschieht? Jedenfalls wurde Gott Mensch und begann im Alter von ca. 30 Jahren den Menschen etwas von der Herrschaft Gottes zu zeigen. Durch Heilungen, durch sein eigenes Leben und seine Predigt begann sich die Königsherrschaft Gottes, wie sie uns Jesaja in der Lesung so schön beschrieben hat, in Israel im Jahre 30 auszubreiten. Aber dann, nach seiner Auferstehung von den Toten und seiner Himmelfahrt scheint die Sache Jesu immer mehr im Sande verlaufen zu sein, bis schließlich wieder alles beim Alten war. Die Menschen seiner Zeit und auch die Christen heute sind das schwache Glied in der Kette, so dass sich letztendlich wieder nichts geändert hat.
So sind wir nun schon bei der zweiten Ankunft Gottes in der Welt. Sie hat mit der Aussendung des Heiligen Geistes begonnen, die das Leben der Apostel ziemlich umgekrempelt und ihrem Handeln neuen Schwung gegeben hat, in Bezug auf die Königsherrschaft Gottes und die heile Welt. Es ist die Ankunft Gottes in unserem konkreten Leben. Es sind die Erlebnisse der Nähe und Hilfe Gottes, die uns antreiben wollen, wieder unseren Glauben ernster zu nehmen, damit sich die Pläne Gottes durch uns verwirklichen können. Wo haben wir das Eingreifen Gottes in unserem Leben schon gespürt, und was hat das in unserem Leben verändert? Haben wir versucht die empfangenen Wohltaten weiterzugeben, wie es die Apostel nach dem Empfang des Heiligen Geistes getan haben? Gott wirkt auch in unserer Zeit, er greift tatsächlich in die Welt ein, aber wieder auf verborgene Weise, durch uns Christen. Es liegt an uns, dass die Welt so ist, wie sie ist.
Die dritte Ankunft Gottes in der Welt ist seine Ankunft bei unserem Tod. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir ihm über unser Leben Rechenschaft ablegen müssen. Wie haben wir seinen Auftrag, die heile Welt wenigstens anfanghaft zu verwirklichen, erfüllt? Haben wir die Welt ein Stück besser gemacht? Haben wir unsere Fähigkeiten und Talente für das Reich Gottes eingesetzt und ausgenutzt? Diese dritte Ankunft am Ende unseres Lebens bedeutet auch, dass Gott selber vollenden wird, was wir hier auf Erden begonnen haben. Er wird alles in unserem Leben gut machen.
Die vierte uns letzte Ankunft Gottes in unserer Welt ist seine Ankunft am letzten Tag. Es ist der Tag an dem Gott seine Schöpfung vollenden und alles neu und gut machen wird. Dann wird sich die Prophezeiung des Jesaja, die ja der Ausgangspunkt unserer Überlegungen war erfüllen. Dann wird das Paradies auf Erden Wirklichkeit werden, und die Schwierigkeiten und Probleme hier auf Erden werden sich in Nichts auflösen.
Wir können also den Advent vierfach betrachten: Die Ankunft Gottes in Bethlehem, die Ankunft Gottes in meinem Leben, die Ankunft Gottes bei meinem Tod und schließlich die Ankunft Gottes am Ende der Welt. Zwei dieser Ankünfte sind schon geschehen, zwei erwarten wir noch. Das Ziel ist aber immer die Herstellung des Reiches Gottes und ein glückliches Leben für uns.